Areia

Nina Areia [Nina nach Nina Hagen und Nina Simone, Areia bedeutet Sand] erschien vor der Haustor am 2. Juni. Es war fast Sonnenuntergang und wir gossen den Garten, als ich sie sah. Normalerweise habe ich Angst vor großen Hunden, die ich nicht kenne. Ihr trauriger, verzweifelter Blick weckte in mir aber nur einen Beschützerinstinkt, von dem ich nicht wusste, in dieser Art und Weise in mir zu existieren. Außerdem träumte ich schon in Berlin davon, einen deutschen Schäferhund zu haben. Ein Traum, von dem ich dachte, dass er sich so schnell nicht erfüllen würde… Nicht, dass ich es sofort verstanden habe, dass sie mit uns bleiben könnte. Sie war verhungernd, aus ihren verschrumpelten Ohren tropfte Eiter und sie sah extrem müde aus. Wir gaben ihr zweimal endloses Wasser und Katzenfutter. Dann noch zweimal Würschten und Milch mit Keksen. Weinend verbrachte sie die Nacht auf der Veranda. Mein Partner meinte, vielleicht würde sie es in der Zwischenzeit abhauen: Irgenwie wusste ich, dass das nicht passieren würde. Sogar bei unserer Katze war sie äußerst gutmütig: Sie näherte sich von unten und ließ zu, dass er ihr Gesicht mit seinen Pfoten erreichte. Sie schien wirklich in der Familie bleiben zu wollen. 

Der Morgen kam, und sie freute sich, uns zu sehen, obwohl sie immer noch hungrig war und Schmerzen hatte. Ich gab ihr etwas Joghurt mit Äpfeln und Karotten, was sie versuchte zu essen, aber nicht schaffte. Mein Partner bereitete ihr wieder Milch- und Keksbrei vor, dann gingen wir mit ihr auf die Weide, sodass sie pinkeln und kacken könnte - trotz ihrer seltsamen Ernährung hatte sie bei uns nichts verschmutzt. Aber sie stank ganz übel, wie jemand, der nie gebadet wurde. Das ist ein Gestank, den ich nicht gewohnt bin. Ich habe sie trotzdem umarmt und machte mich bereit, sie im Tierheim zu lassen. Sie brauchte dringend ärztliche Behandlung, und wir dachten immer noch, sie könnte sich verlaufen haben. Sie stieg ins Auto, wie sie es jeden Tag tut, und es war eine ganz einfache Fahrt. Das Betreten des Tierheims war viel schmerzhafter und nicht ohne Tränen. Nach zwei Wochen Besuchen und Gesprächen wäre es für uns undenkbar gewesen, sie dort der ewigen Einsamkeit auszuliefern, ganz gleich, wie hilfsbereit die Mitarbeiter vor Ort sind und wie die Diagnose lautet. Wir bereiteten uns auf das Schlimmste vor und brachten sie in unsere Katzenklinik - mit besseren Diagnose- und Prognosemöglichkeite, wo uns die Solidarität einiger anderer und der Optimismus der Tierärztin vorerst halfen, die Rechnung zu bezahlen und unsere Ängste zu lindern.



Jetzt bleiben uns die Zuneigung, die Pflege und die Stetigkeit. Jeden Tag, den wir zusammen verbringen, scheint Areia glücklicher, entspannter, frecher und noch süßer zu sein. Mein Herz ist satt.




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