Grün und Violett

Meine Oma liebte Veilchen. Solange ich mich erinnern kann, standen ihre vielen Veilchentöpfchen in Lissabon auf einem kleinen Wagen in der am besten geschützten, aber luftigen Ecke der Küche. Die Blumen reagierten empfindlich auf Licht und Wasser: Sie benötigten beides sehr dringend, aber mit Bedacht, so dass es notwendig war, die Beleuchtung der halb geöffneten Jalousien im Laufe des Tages leicht zu verändern und sie häufig, aber sparsam zu gießen. Diese waren Laborblumen, die von meiner Großmutter. Vor siebzig, sechzig, fünfzig, vierzig oder dreißig Jahren dachten die Menschen nicht viel über echtes Saatgut oder einheimische Arten nach, es war sogar seltsam, so viele Töpfe und Kräuterbeete in der Stadt zu pflegen. Meine Großmutter hatte keine exotischen Pflanzen. Zwischen der Waschmaschine und dem Tisch hing eine Maispflanze, einige kleine Kakteen standen in den Regalen (wo sie mir auch beibrachte, wie man Bohnen im Glas anbaut), aromatische Kräuter überlebten auf dem Balkon und ein schöner Farn wurde stolz im Wohnzimmer ausgestellt. Das war‘s. Später gab es einen Bambus in Wasser auf dem Telefontisch, aber das war erst in den 1990er Jahren, als der Wellness-Wahn begann, Spiritualität massenhaft zu verkaufen. Wir konnten ja nicht ahnen, dass sich im Norden des Planeten ganze gewerbliche Betriebe entwickeln würden, die sich ausschließlich mit Avocados beschäftigen.


Sehr zu meinem Begeisterung, als wir auf dem Grundstück ankamen, waren die Rosen und eine knollige, etwas invasive Art schon da. Nach einer Weile erschien auch eine wunderbare Lilie. Heute ist bereits die erste Blume aus unserer Samenmischung aufgeblüht, ein Veilchen. So diskret und schön, sofort Freude und Frieden.

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