Echtes Obst der Saison

Amoras auf Portugiesisch könnten Geliebten sein, aber auf Deutsch heißen sie einfach Brombeeren. Dieses Jahr bin ich vor drei Tagen zum dritten Mal nach Hause in Berlin zurück gekommen und es war schön, sie und den Rucola zu pflücken. Die Rettung von vertrockneten Pflanzen und das Herrichten des Gartens nicht so sehr. Es wäre schön gewesen, einmal eine andere Umgebung zu finden, aber dann hätte es keinen Sinn gemacht, nicht mehr zurückkommen zu wollen.

Die Katze zur Ruhe zu bringen, auszupacken, das Haus zu putzen und einkaufen zu gehen, das alles gehört wohl dazu, um zur Normalität zurückzukehren und weiter zu machen. Aber wenn es keine mehr gibt, in die man zurückkehren kann, bleibt wenig Gemütlichkeit übrig und mehr Bitterkeit von zu vielen Flugmeilen. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, ohne Schuldgefühle, Ängste oder Erwartungen weiter zurückzugehen, vor allem, wenn man schon zurückliegt und noch nicht weiß, was man noch ernten wird, es riecht nach allem, und keiner ist wirklich vorbereitet. Ich fühle mich schon zerquetscht… Und das nennt man, wie jeder weiß, vorübergehende Apathie.

Nach einer gewissen Zeit habe ich in den letzten Tagen mal wieder die sozialen Medien besucht. Jemand hatte jemandem sein Beileid für den Verlust eines Smartphones ausgesprochen. Er sagte, dass man ohne ein solches heutzutage definitiv völlig abgeschottet ist. Das muss es sein, was ich fühle, das Fehlen eines Smartphones, die Fähigkeit, mich mit unfruchtbarem Austausch zu beschäftigen. Oder das Gegenteil, nämlich die Unfähigkeit, mich auf etwas sichtbar Fruchtbares einzulassen. Vielleicht sieht Erschöpfung so aus, wenn man zwischen gesichtslosen Orten der Unsicherheit und Unnachhaltigkeit so lange unterwegs ist. Ich nenne es die Isolation des Starrsinns, wenn ich mich dabei wiederfinde, wie ich Brombeeren am Fenster eines Kulturvereins auf dem Land eines imaginären Staate verteile.



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